Zurueck nach Hause

Zurueck nach Hause

Puh, die letzten Monate sind unglaublich schnell vergangen. Ich kann es kaum fassen, aber heute werde ich bereits ins Flugzeug steigen und wieder nach Hause zurückkehren. Der Abschied fällt schwer, so vieles werde ich vermissen. Die Menschen, die Kulinarik, die Landschaft und ja auch den Verkehr, der hier so anders läuft als in Österreich. Fährt man in Israel Auto so lernt man zu ignorieren, wenn andere einen anhupen, man lernt offensiver zu fahren, weil man sonst nie in verschiedene Kreuzungen einbiegen kann und man lernt in der engen Altstadt genau abzuschätzen wie groß das Auto wirklich ist. Weniger vermissen werde ich die Hitze, die in den letzten Wochen schon wirklich unerträglich war.

In der vorletzten Woche vor meiner Abreise hatte ich noch Besuch von meinen Freunden Josef und Paul. Gemeinsam hatten wir nochmal die Gelegenheit Nablus, Betlehem und Jerusalem zu erkunden und haben dabei sogar einen Palästinenser im Westjordanland getroffen, der in den 1970ern in Deutschland als Gastarbeiter gearbeitet hat. Stolz hat er uns einen 5-Mark-Schein gezeigt, den ihm ein Freund später aus Deutschland noch per Post zukommen lassen hat. Von seinen Deutschkenntnissen war trotz der langen Zeitspanne seit seinem Deutschlandaufenthalt noch erstaunlich viel übrig. Überhaupt ist die Gastfreundschaft in Nablus, wo (mangels Touristen) Tourismus praktisch keine Rolle spielt, so unverfälscht erlebbar. Von einem wildfremden jungen Mann wurden wir zum Tee eingeladen und nicht nur einmal durften wir das am Markt angebotene Obst einfach kosten.

Trotzdem, ich lasse ein Land zurück mit großen Problemen. Eine wirkliche Lösung scheint nirgends in Sicht. Auch nach einem Jahr ist der ganze Konflikt noch sehr verwirrend und schwer einzuschätzen, zu verwoben sind die Fronten und Positionen. Ich kann nur auf Vernunft hoffen und auf Toleranz, damit schlussendlich die Menschlichkeit siegt und dieses aufregende Land irgendwann Frieden erleben darf.

Für mich selbst geht es nach ein paar Wochen in Österreich auch schon wieder weiter. Die letzten Monate hier in Israel habe ich schon fleißig genützt und alle möglichen Bücher und Ressourcen gelesen, um mich auf das Studium vorzubereiten, das nun im Herbst in Edinburgh, Schottland beginnt: Computer Science an The University of Edinburgh. Ich bin schon gespannt, was mich dort erwarten wird und wie bzw. ob sich die Erfahrungen in Israel auch in den nächsten Jahren als nützlich erweisen werden. Wir werden sehen.

Trump

Trump

Präsident Trump besucht Jerusalem und eine Stadt scheint verrückt zu spielen. Was für ein Aufwand da getrieben wird, und das nicht nur im Sicherheitsbereich. Auf der Autobahn zwischen Tel Aviv und Jerusalem (>50km) sind schon seit einer Woche auf dem Großteil der Strecke im Abstand von ca. 25 Metern Fahnen auf den Masten aufgehängt, jeweils eine amerikanische neben einer israelischen. Heute ist praktisch die komplette Altstadt abgesperrt und viele Straßen sehen so aus:

Strassenabsperrung
Versperrter Zugang zur Grabeskirche
Abgesperrte Straße
Abgesperrte Straße

Gleichzeitig streiken die arabischen Shopbesitzer in der Altstadt, um sich mit palästinensischen Häftlingen in israelischen Gefängnissen zu solidarisieren, die dort Berichten zufolge sehr schlecht behandelt werden. Beispielsweise werde oft der Besuch von Familienangehörigen verwehrt. Durch die vielen Absperrungen wäre aber wohl ohnehin nicht viel Umsatz zu erwarten, weil Touristen sich eher von der Altstadt fernhalten, schließlich ist der Zugang zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten wie Klagemauer, Tempelberg und Grabeskirche heute nicht möglich.

Geschlossene Geschäfte in der Altstadt
Geschlossene Geschäfte in der Altstadt

Trump erfreut sich in Israel, so scheint mir, großer Beliebtheit. Viele hoffen wohl, dass nun nach Obamas eher israelkritischen Politik (vor allem im Hinblick auf den Siedlungsbau) wieder mehr Rückendeckung aus den USA zu erwarten ist. Mancher Bürger kann sich vor lauter Begeisterung kaum zurückhalten:

Sogar während unseres Besuches im Felsendom und in der Al-Aqsa Moschee am Tempelberg im Rahmen eines vom Hospiz organisierten Studientages blieb man von amerikanischen Kamerateams und Moderatoren nicht verschont, die dich hektisch und unfreundlich auf die Seite scheuchen, wenn du ihnen im Weg stehst.

Lester Holt moderierte erste TV-Konfrontation zwischen Clinton und Trump

Mitarbeiter im Haus haben übrigens erzählt, dass in Betlehem einige Baustellen schon seit zwei Jahren nicht wirklich Fortschritte gemacht haben. Straßen sollten saniert werden, aber irgendwie ging nichts weiter. Nun als man erfahren hat, dass Trump die Stadt besucht, war die Baustelle auf einmal innerhalb von zwei Tagen beendet und die Straße wieder in tadellosem Zustand.

An die vielen schwer bewaffneten Soldaten im Land gewöhnt man sich normalerweise doch recht bald. Begegnungen wie diese machen mich aber auch nach über neun Monaten im Land noch stutzig:

Fruehling

Fruehling

Mit dem Ende des Winters wird der Regen hier in Israel weniger, die Temperaturen steigen erstaunlich schnell und die Touristenströme werden größer und größer. Mit all diesen Veränderung scheint leider auch die relativ ruhige Zeit der letzten Monate vorbei zu sein: Allein letzte Woche gab es in der Altstadt wieder zwei Messerstechattacken verübt von Palästinensern auf israelische Polizisten. Aufgestaute Spannungen im hier herrschenden Konflikt entladen sich.

Und trotzdem, eine merkwürdige Gleichgültigkeit stellt sich ein. Keines der Ereignisse der letzten Woche scheint die Stadt groß in Atem zu halten. Wenige Stunden nach einem Ereignis sind alle Spuren beseitigt und das Stadtleben geht wieder seinen gewohnten Lauf. Dass hier offenbar zahlreiche Menschen so unzufrieden und verzweifelt, aufgehetzt und hasserfüllt sind, dass sie ihr Leben für eine mehr oder weniger zwecklose Attacke opfern, ist traurige Realität.

Absperrung in der Altstadt nach einem Vorfall
Absperrung in der Altstadt nach einem Vorfall
Wuestenwanderung

Wuestenwanderung

Wanderung mit der gesamten Zivi-Gruppe aus dem Haus im Wadi al-Qelt. Das Tal mit einem teilweise ausgetrockneten und teilweise noch existenten Fluss führt von der Nähe Jerusalems ostwärts bis nach Jericho – zum ersten Mal seit letztem Sommer kommt ein bisschen Bergsteigerfeeling auf:

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Leider ist der Weg auch an vielen Stellen sehr verdreckt und zugemüllt:

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Shabbat

Shabbat

An jedem Samstag ist Israel wie ausgestorben (außer natürlich im österreichischen Hospiz – hier ist jeden Tag was los 😉 – und in den arabischen Vierteln, schließlich gilt der Shabbat für Araber nicht) – also besser: An jedem Samstag ist der jüdische Teil Israels komplett ausgestorben. Ab dem späteren Freitagnachmittag – Tage beginnen im Judentum bereits am Abend, somit ist ab Freitagabend bereits Shabbat – schließen alle Lokale und Geschäfte, Busse fahren nicht mehr, das öffentliche Leben läuft auf Sparflamme. Am 7. Tag der Woche halten religiöse Juden in Erinnerung an den biblischen Ruhetag bei der Erschaffung der Welt einen strengen Ruhetag.

Auch die Haltestellenanzeigen (die mir übrigens baugleich zu jenen in Tirol erscheinen) werden deaktiviert. Selbst der ein oder andere Bankomat verweigert den Dienst und ist vorübergehend “out of order”. Spätestens dann, wenn du dringend Bargeld brauchst und vor so einem störrischen Gerät stehst, fragst du dich, warum eine Maschine einen Ruhetag benötigt. Aber gut – andere Länder, andere Sitten. Immerhin: Spazieren ist möglich.

Deaktivierte Haltenstellenanzeige
Deaktivierte Haltenstellenanzeige

(Achtung Insider) Wenn ein sehr guter und treuer Freund von mir hier vorbeischaut, wird er sehen, dass ich ihn Jerusalem gefunden habe, wenn auch in orientalischer Schreibweise.

Tel Aviv

Tel Aviv

Die Zeit schreitet in großen Schritten voran. Halbzeit ist vorbei – die nun verbleibenden Wochen sind weniger als die bereits vergangenen hier. Bisher ist noch nicht viel von meinem Urlaub verbraucht und so bleibt noch genug, um im zweiten Halbjahr das Land weiter zu erkunden. In Zukunft hab ich auch den Vorteil, bereits eingearbeitet zu sein. Somit geht das Arbeiten leichter von der Hand und ich kann mich mehr auf anderes konzentrieren. Ausgedehnte Spaziergänge zum Beispiel, das war in den letzten Wochen ein guter Zeitvertreib.

Auch die kälteste Phase ist wohl überstanden. Tagsüber ist der Gastgarten nun auch schon wieder gefüllt.

Möchte man hier ein bisschen Abstand nehmen von den vielen Religionen, den engen Gassen Jerusalems und dem arabischen Flair, fährt man am besten nach Tel Aviv. Wenn es irgendwo in Israel so aussieht wie in Europa, dann in Tel Aviv, der größten Stadt des Landes. Doch auch Tel Aviv hat viele Gesichter. Neben modernen Wolkenkratzer bröckelt der Putz von halb verfallenen Häusern, glamouröser Lifestyle und bittere Armut sind oft nur wenige Straßen entfernt.

Wie mir eine Deutsche, die bei ihrem Freund in Israel wohnt, bei der Heimfahrt im Sammeltaxi erzählt hat, ist auch das Verhältnis von Gehalt und Preisniveau sehr schlecht in Israel. In Tel Aviv sei alles unglaublich teuer, die Leute verdienten durchschnittlich aber trotzdem weniger als in Deutschland.

Manches könnte ich mir zu Hause in Österreich kaum vorstellen. So wäre wohl das Einkaufszentrum beim Bus-Terminal in Tel Aviv unvereinbar mit einer gewissen österreichischen Gründlichkeit. Rohre und offenliegende Kabel – all das ist Tabu in heimischen Kaufhäusern und bleibt dort verborgen.

Bus-Terminal in Tel Aviv
Alles wirkt etwas heruntergekommen

So hat sich an genau diesem Busbahnhof auch ein Tourist aus Südafrika, der bei unserer Unterhaltung gar nicht mehr zu sprechen aufhören wollte von seinen 67 Ländern die er bereits vor Israel bereist hat und den gefühlt 40 Ländern, die er in Zukunft noch vorhat zu besuchen, von Tel Aviv unbeeindruckt gezeigt: “Everything is very run-down! Not like in South Africa. There it is much more modern. And even the food in Tel Aviv is not as good as in Egypt and Tunisia.” Reisen ist ja schön, nur hatte ich bei diesem Herrn den Eindruck, ihm sei die Anzahl der Länder wichtiger als die Länder selbst…

Aber auch in Tel Aviv geht es anders:

Ein anderes Kaufhaus in Tel Aviv - so gestriegelt wie aus Österreich in Erinnerung
Ein anderes Kaufhaus in Tel Aviv – so gestriegelt wie aus Österreich in Erinnerung

Beim Schlendern durch die Straßen Tel Avivs fragte ich mich schon öfter, ob es denn in dieser Stadt auch Erholungsgebiete gibt. Überall scheint es laut und geschäftig. Verstopfte Straßen, hupende Autos – Alltäglichkeit und nicht gerade förderlich zum Entspannen. Seit heute weiß ich, ja auch in Tel Aviv existieren Parks:

Der perfekte Ort, um sich in der Sonne neben spielenden Pfadfindern der Lektüre eines Informatikbuchs zu widmen

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