Betlehem
An meinem zweiten freien “Off-Tag” war mein Ausflugsziel gemeinsam mit zwei anderen Zivis Betlehem – meine erste richtig arabische Stadt hier in Israel. Um von Jerusalem noch Betlehem zu kommen, muss man an der MAUER vorbei, jener israelischen Sperranlage die ca. seit dem Jahr 2000 errichtet wird, um das von Israel besetzte palästinensische Westjordanland vom restlichen Israel zu trennen. Als eine Einrichtung zur Terrorabwehr sehen es die einen, als Weg, um Palästinenser zu schikanieren, die anderen. Das Problem ist nicht der Weg nach Betlehem, sondern der Weg zurück. Dort wird streng kontrolliert. Insbesondere Palästinenser werden von oben bis unten gefilzt.
Direkt vor der Geburtskirche in Betlehem gabelte uns ein Taxifahrer auf, ein freundlicher, junger Mann Ende 20, der uns geschickt überredet hat, seine Tour zu den nächstgelegenen Sehenswürdigkeiten in Anspruch zu nehmen. Im Nachhinein war ich sehr froh, dass wir ihn getroffen haben. Beispielsweise hat er uns berichtet, dass er noch nie in Jerusalem gewesen sei. Betlehem liegt zwar nur 10 Kilometer davon entfernt und doch sind diese 10 Kilometer für unverheiratete, junge Männer oft unüberwindbar. Der Staat Israel gibt ihnen keine Erlaubnis, den Checkpoint an der Sperranlage zu überqueren, da diese Männer die Hauptrisikogruppe für Anschläge darstellen.
Außerdem haben wir erfahren, dass unser Taxifahrer keine Frau heiraten kann. Er müsste der Familie des Mädchens, das er heiraten möchte, viel Geld zahlen – Geld das er momentan nicht hat und so schnell womöglich auch nicht sparen kann.
All diese Informationen muss man mit Vorsicht genießen. Schon beim Vorbereitungsseminar in Österreich hat man uns gewarnt, nicht dem erstbesten Palästinenser oder Israeli auf den Leim zu gehen und seine Sichtweise zu übernehmen. Der Konflikt ist differenzierter zu betrachten und Schuld liegt sicher bei beiden Konfliktparteien – die Leidtragenden jedoch sind, wie so oft, alle Menschen, die hier gerne einfach nur in Frieden leben würden. Ohne radikale Einstellung ein ruhiges Leben abseits bitterer Armut.